Die behördlichen Vorgaben für die aseptische Verarbeitung werden strenger. Gemäß den aktuellen regulatorischen Vorgaben der Europäischen Union für die Gute Herstellungspraxis, wie sie im EU GMP Annex 1 festgelegt sind, müssen flüssige Arzneimittel eine Sterilfiltration durchlaufen. Darüber hinaus ist ihre Wirksamkeit durch einen Filterintegritätstest vor der Verwendung, nach der Verwendung und/oder nach der Sterilisation sicherzustellen (pre-use, post-sterilization integrity testing, PUPSIT).
Die genaue Vorgabe kann von Land zu Land variieren. So gilt beispielsweise in der EU nach dem Annex 1 im europäischen Arzneibuch: « vor der Verwendung nach der Sterilisation und nach der Verwendung». Dagegen lässt die US-amerikanische FDA (Food and Drug Administration) dem Hersteller war die Möglichkeit, den Filter zusätzlich vor der Verwendung zu prüfen; das ist aber nicht zwingend vorgeschrieben. Doch die zu beantwortenden Fragen sind im Grunde gleich: Ist die Filterstruktur noch intakt, und darf daher davon ausgegangen werden, dass es eine effektive Risikominderung von Verunreinigungen des Arzneimittels leistet?
Filterintegrität im großen Zusammenhang
Die Überprüfung der Filterintegrität ist Bestandteil jeder umfassenden Strategie zur Kontaminationskontrolle (contamination control strategy, CCS). Sie zielt darauf, Risiken für die Qualität des Arzneimittels zu erkennen, zu bewerten und zu kontrollieren – je kritischer ein Filter eingestuft wird, desto schärfer.
Was kann überhaupt einen Filter für den Einsatz in der Sterilfiltration unbrauchbar machen? Da gibt es viele Möglichkeiten: Beschädigung beim Transport, bei der Installation oder an einem anderen Punkt der Handhabung. Da kann über die Filtermembran hinaus auch andere Teile betreffen, wie etwa das Gehäuse, die Stützstruktur, die Anschlüsse – kurz: die gesamte Baugruppe.
Der Test selbst ist ein (beherrschbares) Risiko
Nun kann sich jedoch PUPSIT selbst zu einem komplexen Verfahren auswachsen. Dieses ist dann neuerlich mit spezifischen Risiken behaftet. Zum Beispiel können den Mitarbeitern im Zuge vieler Einzelschritte Bedienungsfehler unterlaufen. Oder Mikroorganismen dringen durch das Test-Zubehör in den Filter ein.
Die Risiken durch manuelle Arbeitsschritte können durch Automatisierung vermindert werden, aber bei komplexen Systemen (z.B. redundante Filter) und einem komplizierten Aufbau einzelner Filter stößt sie schnell an ihre Grenzen. Für eine zusätzliche Risikominderung kann die Gesamtkeimzahl in der Flüssigkeit, die den Filter benetzt hat, bestimmt werden. Der Annex 1 lässt übrigens auch die Option einer anderen Risikoabschätzung zu, sollte ein PUPSIT unter Verwendung der klassischen Verfahren (z.B. Bubble-Point-Test, Druckabfalltest) nicht möglich sein. Der betreffende Hersteller muss natürlich dafür sorgen, dass seine Alternative nicht schwächer als PUPSIT wirkt.
Zudem können die für einen Filterintegritätstest verwendeten Hilfsmittel selbst fehlerhaft sein, beispielsweise Lecks aufweisen oder durch ihre Handhabung zu Lecks führen. Als Gegenmaßnahme helfen ausführliche Schulungen des Bedienpersonals und/oder die Verwendung von Single-use-Komponenten, gegebenenfalls mit einem speziellen «Poka-Yoke»-Design (japanisch für «Sicherung gegen Fehler»). Und noch etwas: Sollen im Rahmen von PUPSIT ein Monitoring von Durchflussraten erfolgen, so stellt die Umrechnung gemessener Drücke in Durchflüsse ein verbreitetes Verfahren dar. Alternativ dazu steht aber auch eine direkte Bestimmung zur Verfügung; dafür wird das betreffende Filterintegritätstestgerät für das Messprinzip «Volumendosierung» ausgelegt, um die tatsächlichen Durchflussraten aufzuzeichnen.
Nach der Filtration die Abfüllung
Um die Ergebnisse eines sorgfältigen PUPSIT-Prozederes nicht nachträglich zu gefährden, ist an Folgendes zu denken: Nach der Sterilfiltration kommt die Sterilabfüllung des Arzneimittels (z.B. in Fläschchen). Für diesen abschließenden Schritt sind genauso strenge Maßstäbe anzulegen.
Bei allen Vorteilen eines konsequenten Vorgehens gemäß PUPSIT löst dieses Verfahren doch auch Diskussionen aus. Skeptiker fragen zum Beispiel danach, ob beim Arbeiten mit kleinen Produktmengen stets ein Filterintegritätstest durchgeführt werden muss bzw. ab welchen Mengen er nötig wird – ein noch offener Punkt.
Autor
Dr. Christian Ehrensberger
