Chips go West – Reinraumtechnik gefragt

Es gibt eine Tendenz zur Rückverlagerung der Chip- und Leiterplattenproduktion von Ostasien nach Europa, was hiesige Reinraumtechnikexperten vor extreme Herausforderungen stellt.
Zukunftstechnologie EUVL: Mit der «extreme ultra-violet lithography» lassen sich Strukturen im Bereich von 7 Nanometern fertigen. (Bild: Shutterstock)

Ein Paradebeispiel stellt das geplante Werk von Intel in Magdeburg dar. Hier will der Halbleiterhersteller aus Santa Clara, USA, hochmoderne Chips mit einer neuen Fertigungstechnologie mit dem Codenamen 14A produzieren. Sie soll voraussichtlich 2026 die Marktreife erreichen. Für den deutschen Standort plant Intel aber schon jetzt auch mit dem darauffolgenden Verfahren. Dies hat jedenfalls Intel-Chef Pat Gelsinger der Deutschen Presse-Agentur gesagt. Es dürfte sich um die Weiterentwicklung der bekannten Technologie mit 40 Mikrometern dicken (oder besser: dünnen) 300-Millimeter-Dünnwafern handeln.

Für grosse Teile der Lieferkette heisst es: Go West!
Intel veranschlagt für insgesamt zwei Chipfabriken für integrierte Schaltkreise für die Halbleiter- und Mikroelektronikindustrie (kurz: Fabs) in Magdeburg eine Bauzeit von rund fünf Jahren. Gelsinger hofft auf den ersten Spatenstich, nach der Freigabe der deutschen Fördergelder in einer Höher von rund zehn Milliarden Dollar für den Standort von der EU-Kommission in Brüssel, noch in diesem Jahr.
Der Intel-Chef setzt darauf, dass mit den Chipfabriken auch weitere Teile der Computer-Lieferkette von Asien in den Westen kommen. Er verweist darauf, dass einige Computer-Hersteller bereits die Montage in osteuropäischen Ländern wie Rumänien, Polen und Tschechien testeten.
Gelsinger geht davon aus, dass in den USA und Europa nach einer ersten Runde weitere Gesetze zur Unterstützung der Chipbranche nötig sein werden. «Und ich würde dabei gern einen stärkeren Fokus auf die Lieferkette sehen», sagte er. «Die Ansiedelung der Halbleiter-Fabriken ist dabei die grösste und schwerste Herausforderung.»

Der Westen liegt aktuell deutlich im Hintertreffen
Aktuell werden die hochmodernen Chips, etwa für Smartphones, hauptsächlich von der Taiwan Semiconductor Manufacturing Corporation (TSMC) produziert. Die grosse Sorge im Westen ist, dass politische Spannungen mit China und womöglich sogar ein militärischer Schlag der Volksrepublik gegen Taiwan die Lieferungen der Halbleiter unterbrechen könnten. Die Folgen für die Weltwirtschaft wären verheerend. Einen Vorgeschmack hat die Chip-Knappheit in der Corona-Pandemie gegeben.
Aktuell liegen rund 80 Prozent der weltweiten Halbleiter-Produktion in Asien und 20 Prozent im Westen. Gelsingers Ziel ist es, binnen zehn Jahren auf jeweils 50 Prozent zu kommen. Schon wenn es gelingen würde, Ende dieses Jahrzehnts rund die Hälfte der Produktion hochmoderner Chips in den Westen zu bringen, hätte man viel für die Absicherung der Lieferketten erreicht.
Intel soll sich bei der Umsetzung dieser Strategie stärker als Auftragsfertiger für andere Chipentwickler etablieren. Dafür wird das Fertigungsgeschäft zu einer eigenständigen Einheit – mit der Chipentwicklung von Intel als zunächst grösstem Kunden. Der Konzern will aber zum Chipfertiger für die ganze Welt werden.
Als er die Neuausrichtung gestartet habe, sei die Lage bei dem Halbleiter-Pionier «prekär» gewesen, sagte Gelsinger. Die Produktion einer ganzen Chip-Generation sei wegen Problemen mit der eigenen Fertigung ausgelagert worden. Wäre dies bei einer weiteren Generation passiert, wäre der Rückstand nicht mehr aufzuholen gewesen und wohl niemand hätte das Steuer herumreissen können.

Vielfältige Aufgaben für die Reinraumtechnik
Die Verlagerung bzw. Rückholung der Chip-Lieferkette nach Europa bedeutete auch für die Zulieferer eine grosse Herausforderung. Maschinen für eine Fab wiegen mehr als 100 Tonnen und müssen vor Ort vibrationsfrei aufgestellt werden. Darüber hinaus muss im Inneren der Maschine ein extra Reinraum geschaffen werden, denn was hier produziert wird muss erstens auf den Nanometer genau stimmen und duldet zweitens keine Verunreinigungen. Genauer: Teilweise sind nur 1 bis 10 Partikel mit einem Durchmesser von 0,1 bis 0,2 Mikrometern in einem Kubikmeter Luft erlaubt.
Unter diesen Rahmenbedingungen markieren Spezialanlagen mit Hilfe von ultraviolettem Licht und Matrizen Strukturen auf Siliziumscheiben. Sie werden anschliessend in weiteren Arbeitsschritten weggeätzt.

Es geht noch kleiner – die nächste Generation
Der Trend geht zu immer kleineren Strukturen im Nano- und vielleicht Picometermassstab. Für die Chip-Produktion kommt man unter den aktuellen Vorgaben sogar in den Bereich der 7-Nanometer-Technologie. Dabei handelt es sich um eine Form der Lithographie mit der Besonderheit, dass Wellenlängen im Spektralbereich des extremen Ultravioletts (extreme ultra-violet lithography, EUVL) eingesetzt und Strukturen unter Vakuum erzeugt werden. Da produziert man in Reinraumklasse-1-Mini-Environments von zum Beispiel 2 mal 2 mal 2 Metern.
So waren partikuläre Verunreinigungen mit einer Grösse von 250 Nanometern vor zwanzig Jahren „klein“, während man heute Strukturen im Bereich von 7 Nanometern fertigt. Das entspricht fünf aneinandergereihten Kohlenstoffatomen, was für die entsprechende Reinraumtechnik bedeutet: Molekulare Verunreinigungen rücken in den Fokus, namentlich luftgetragene molekulare Verunreinigungen (airborne molecular contamination, AMC) und molekulare Oberflächenverunreinigungen (surface molecular contamination, SMC).
Im selben Zuge benötigt man immer mehr einzelne Bearbeitungsschritte. Mehrere Hundert sind es für einen Gigabit-Chip. Um unter diesen Umständen zu einer ökonomisch sinnvollen Ausbeute an funktionsfähigen Chips zu gelangen, ist zusätzlich zu den bisher aufgeführten Besonderheiten noch etwas anderes unabdingbar: Nullfehlertoleranz.

Autor
Dr. Christian Ehrensberger
(basierend auf einer Meldung der Deutschen Presse-Agentur, wie im Text zitiert)

Ingenieure setzen auf die 7-Nanometer-Technologie und auf eine Fertigung mit «Nullfehlertoleranz». (Bild: Envato)
Die Herstellung von Halbleiter-Chips in der westlichen Welt fordert das ganze Reinraum-Know-how. (Bild: Shutterstock)

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